David Ohnsorge, ISW München / Landesgruppe Bayern
Städtische Teilgebiete, benannt als Quartiere, Viertel, Kieze, Nachbarschaften oder schlicht Stadtteile, sind von jeher ein besonderer, aus unterschiedlichsten Strukturelementen bestehender räumlich abgrenzbarer Denk- und Handlungsraum für die städtebauliche Planung und Entwicklung.
Ihre hohe Bedeutung als funktionaler Rahmen und als Bezugsebene alltäglichen Lebens für die in ihnen Wohnenden und Arbeitenden begründet das fachliche Engagement, gerade auf dieser Ebene übergreifende stadtteilbezogene, integrierende und umsetzungsorientierte Planungsstrategien und städtebaulich gestaltende Konzeptionen zu entwickeln.
Das Institut für Städtebau und Wohnungswesen (ISW) hat den sich hieraus ergebenden Themen wissenschaftlicher Auseinandersetzung und praktischer Fortbildung bereits seit Jahren besondere Aufmerksamkeit gewidmet und sie in ihren Publikationen als Querschnittsthema regelmäßig berücksichtigt.
Vor diesem Hintergrund war es für das Institut überaus erfreulich, dass die Städtebauakademie das Thema der Quartiersentwicklung für ihre Jahrestagung 2024 ausgewählt hatte und hierzu sich nun sogar anbot, in Koordination mit Beiträgen aus der dortigen Vorbereitung eine erneute eigene Publikation zu erarbeiten.
Das große Interesse an den bisherigen Veröffentlichungen des Instituts zur Planungspraxis deutscher Städte aus den Jahren 2009, 2016, 2018, 2020 und 2022 war dann zusätzlich aus-lösend für das Vorhaben einer hier nun bereits vorgelegten erneuten Beispielsammlung, die innovative und vorbildliche Projekte und Handlungsweisen zur Diskussion und Nachahmung anbietet.
Auch aufgrund dieser bisher bereits bundesweit positiven Resonanz gibt das Institut, gemäß seines wissenschaftlichen und Fortbildungsauftrags, nun in bewährter Kooperation mit dem Deutschen Städtetag (DST), dem Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB), dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und der Wiechers Stiftung – Städte für Menschen die vorliegende Publikation heraus. Dabei ist es uns ein Anliegen, explizit und dankbar zu erwähnen, dass die Kooperation mit dem BBSR, die schon bisher regelmäßig im Rahmen des Programms der Nationalen Stadtentwicklungspolitik erfolgte, dieses Mal die Möglichkeit einer über die digitale Fassung hinausgehenden Drucklegung der Texte in angemessener Auflagenhöhe eröffnete!
Entscheidend erscheint uns für die nun vorliegende Publikation nicht die trennscharfe Abgrenzung des Begriffs Quartier oder eine prototypische wissenschaftliche Definition, da hierfür unter anderem auch die Rahmenbedingungen unterschiedlicher Stadtgrößen und -eigenschaften zu berücksichtigen wären, sondern vielmehr, Quartiere als entscheidende Handlungsräume zu begreifen. Wie Bernd Düsterdiek und Hilmar von Lojewski hierzu in ihrem Vorwort schreiben, müssen die unterschiedlichen Herausforderungen der Transformation, gleich ob allgemein demografische, strukturelle, klimatische, digitale oder soziale Veränderungen, auch sehr konkret auf Quartiersebene angegangen werden. In der Neuen Leipzig-Charta bekommt die Handlungsebene Quartier gegenüber Gesamtstadt und Region ebenfalls ein besonderes Gewicht als Medium und Bezugsrahmen urbaner Transformation. Stephan Reiß-Schmidt schreibt in seinem Beitrag aber auch: „die Unsicherheit immer neuer Krisen lässt offenbar die Sehnsucht nach Überschaubarkeit wachsen und beflügelt damit eine unverhoffte Renaissance des alten Konzepts Nachbarschaft. Quartiersentwicklung statt Projektentwicklung heißt die neue Zauberformel für nachhaltigen Städtebau, aber auch für lukrative Immobilienprojekte“.