Ingke Färber, Studierende an der Hochschule Bremen
Beitrag aus dem Seminar „Quartiersforschung“, Lehrgebiet „Theorie der Stadt“, School of Architecture Bremen
WiSe 2023/2024
Der anthropogene Klimawandel erfordert die Einhaltung einer Erderwärmung um 1,5 Grad und damit die drastische Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Neben der Klimafolgenanpassung ist der Klimaschutz unerlässlich. Um den Klimaschutz konsequent in allen Bereichen umsetzen zu können, kann das Potential eines Quartiers als sozial-räumliche Handlungsebene hervorgehoben werden. Die vorhandenen Strukturen eines Quartiers fördern das zivilgesellschaftliche Engagement für den Klimaschutz im Lokalen. Von dem Engagement der Zivilgesellschaft geht ein bedeutendes Potential aus, denn im Rahmen von Vereinen, Gruppen und Initiativen kann gesellschaftliche Selbstorganisation zum sozialen Kapital werden.
Einen solchen Verein stellt die Klimazone Bremen-Findorff e.V. dar (https://klimazone-findorff.de/), welcher im Quartier Findorff mit Hilfe verschiedener Projekte, Veranstaltungen und durch Informationsbereitstellung den Klimaschutz im städtischen Alltag integrieren möchte. Im Folgenden soll näher betrachtet werden, inwiefern der gemeinnützige Verein Klimazone Bremen-Findorff e.V. in einem Quartier als sozial-räumlichem Gebilde zivilgesellschaftliches Engagement zum Klimaschutz im Alltag fördert.
Klimaschutz
Infolge des anthropogenen Klimawandels haben sich die Erdoberfläche, die Ozeane sowie die Atmosphäre bereits drastisch erwärmt. Das hat weitreichende Folgen. Der Meeresspiegel steigt an, die Ozeane versauern, Starkniederschläge und Wirbelstürme nehmen in ihrer Häufigkeit zu, Wärmerekorde führen zu Hitzewellen und Dürre bedingten Ernteausfällen, was in einer Versorgungsunsicherheit von Nahrung und Wasser resultiert. Für die Mensch-, Tier- und Pflanzenwelt bedeutet diese Entwicklung katastrophale Konsequenzen. Um die akuten Bedrohungen und unumkehrbaren Effekte einzugrenzen, sollte die Erderwärmung 1,5 Grad – wenn noch irgendwie möglich – nicht überschreiten. Daher ist neben der Anpassung an die Folgen des Klimawandels auch die Reduzierung der Treibhausgasemissionen weiterhin dringend erforderlich. Die Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen muss jetzt stattfinden (vgl. BMWK 2022, S.9ff.). Dazu müssen tiefgreifende Maßnahmen auf globaler, nationaler und lokaler Ebene durchgesetzt werden. Mit Hilfe des Klimaschutzplans 2050 aus dem Jahr 2016 sollen die nationalen Klimaschutzziele der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Bundesklimaschutzgesetzes und des Pariser Klimaschutzabkommens erreicht werden (vgl. BMUB 2016). Um die Klimaschutzziele einer Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 zu realisieren, gibt es Klimaschutzprogramme, die konkrete Maßnahmen festlegen. Die Nationale Klimaschutzinitiative (NKI) fördert dazu seit 2008 Klimaschutzprojekte. Dabei wird die Einbindung von lokalen Akteur*innen, und die Kommune als Handlungseben, besonders hervorgehoben. In direkter Umgebung können innovative Ideen und Eigenengagement eingebracht werden, um gemeinsam den Klimaschutz zu stärken (vgl. BMWK o.D.).
Der bundesweite Förderaufruf „Kurze Wege für den Klimaschutz“ der Nationalen Klimaschutzinitiative fördert Nachbarschaftsprojekte, die den Klimaschutz auf der alltäglichen Nachbarschaftsebene umsetzen (vgl. BMWK 2024). Durch die Unterstützung dieser Initiative ist unter anderem das Projekt ‚Klimazone Bremen-Findorff‘ entstanden, welches sich für den alltäglichen Klimaschutz in Findorff einsetzt. Es wird ein Bottom-up-Approach verfolgt, demzufolge Veränderung durch lokale Akteur*innen aus den Stadtteilen heraus entstehen soll. Vereine, Kommunen, Verbände und weitere offiziell anerkannte Gemeinschaften können einen Antrag auf Förderung stellen. Die Förderung findet in Form von Anteilfinanzierungen statt, wobei Eigenmittel oder Drittmittel eingesetzt werden müssen. Förderberechtigt sind „[…] nicht-investive Vorhaben, die konkrete, umsetzungsorientierte Angebote zur Realisierung klimaschonender Aktivitäten auf Nachbarschaftsebene bzw. in Quartieren schaffen“ (ebd.). Der Ansatz der Nationalen Klimaschutzinitiative deutet bereits auf die Potentiale des Quartiers hin, um das Problem des Klimaschutzes auf lokaler Ebene zu bearbeiten. In einem überschaubaren sozial-räumlichen Rahmen können lokale Lösungsansätze entwickelt werden und das Engagement der Zivilbevölkerung gestärkt werden. Damit jedoch die Vorteile des Quartiercharakters erkannt und fruchtbar gemacht werden können, soll zunächst eine knappe anwendbare Definition des Quartiersbegriff erarbeitet werden.
Definition Quartier
Dem alltäglich gebrauchten Quartiersbegriff liegt kein disziplinübergreifendes definitorisches Verständnis zugrunde (Schnur 2021a, S.14). Dennoch wird das Quartier in den verschiedensten Kontexten als offene Einheit und unklar konturierte Bezugsgröße herangezogen (Schnur 2021b, S.54). Um ein Begriffsverständnis zu erlangen, gilt es, das sozial-räumliche Gebilde „städtisches Quartier“ zunächst vielmehr sozial als räumlich zu betrachten (Willinger 2012, S.2). Ein Quartier ist ein sozial konstruiertes Konzept, welches auf der subjektiven Raumempfindung und -interpretation der Quartierbewohnenden in ihrer alltäglichen Lebenswelt basiert (Schnur 2021a, S.15). Quartiere besitzen also nur gefühlte dynamische Abgrenzungen und sind damit zugleich als relationales Gebilde von künstlichen räumlich-administrativen Grenzziehungen befreit. Für die städtischen Beteiligten bildet das Quartier das überschaubare und identifikatorische Zentrum ihres Lebensalltags und ihrer sozialen Beziehungen (Schnur 2008, S.38ff.). Die vielfältigen Bedürfnisse, Interessen und Anforderungen der heterogenen Bewohnerschaft treffen dabei auf konkrete räumliche Rahmenbedingungen (Willinger 2012, S.4f.). In Diskursen werden die zentralen Schnittmengen der individuellen Raumkonstruktionen identifiziert (Schnur 2008, S.41), dem Quartier sein Charakter zugeschrieben (Willinger 2012, S.2) und das Quartier damit als solches institutionalisiert (Schnur 2008, S.38). Dabei wirkt sich eine selbstermächtigte heterogene Zivilgesellschaft mit einem ausgeprägten sozialen Engagement positiv auf ein Stadtquartier aus. Dafür ist jedoch erforderlich, dass die städteräumlichen Strukturen einen geeigneten und allen Bewohner*innen zugänglichen Raum bieten, um eine solche Partizipation zu fördern und den Anforderungen und Aktivitäten der Alltagswelt gerecht zu werden (Willinger 2012, S.6f.).
Quartiersbestimmung Findorff
Aus der Definition geht hervor, dass eine konkrete Bestimmung einer sozial-räumlichen Einheit als Quartier sehr komplex ist. Inwiefern ein sozial-räumliches Gebilde die Charakteristiken eines Quartiers erfüllt und damit als solches zu betrachten ist, kann nur schwer ermittelt werden – zumal die Abgrenzung nach außen nicht eindeutig ist. Trotz der herausfordernden Quartiersbestimmung soll ein Versuch unternommen werden, den Bremer Stadtteil Findorff hinsichtlich der Merkmale eines Quartiers zu überprüfen. Besonders hervorzuheben ist in diesem Vorhaben zunächst die geographische Lage des Stadtteils: Der Stadtteil ist stark nach außen durch den Bürgerpark, das Blockland, die Bahnunterführung und Autobahn sowie durch den Hauptbahnhof abgegrenzt. Darüber hinaus liegt keine Anbindung an die Straßenbahn vor, dafür an zwei Buslinien. Die räumlich angedeutete Abgeschiedenheit stellt für die Bewohner*innen keinen Nachteil im Alltag dar, da ein umfangreiches Angebot alles Notwendige direkt vor Ort zur Verfügung stellt. Zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten, Bekleidungs- und Feinkostläden, Restaurants und Cafés sowie Dienstleistungsgeschäfte reihen sich insbesondere entlang der Admiral- und Hemmstraße aneinander. Das von der Findorffer Geschäftsleute e.V. initiierte Projekt ‚Lass die Kohle im Dorff‘ stärkt die lokale Wirtschaft, indem von Netzwerkeffekten und gemeinsamen Aktionen und Projekten profitiert wird. Ergänzend zu dem Einkaufsangebot gibt es an mehreren Wochentagen einen eigenen Wochenmarkt, der sich als ein inoffizieller sozialer Treffpunkt etabliert hat. Zusätzliche Veranstaltungen wie der Weihnachtsmarkt ‚Findorffer Winterdorf‘, Sommerfeste, Flohmärkte und Open-Air-Veranstaltungen stärken die Verbundenheit mit dem Stadtteil und untereinander. Auch die stadtteileigene ‚Findorff Zeitung‘ zeugt von dem verbreiteten Gemeinschaftssinn und informiert über relevante Entwicklungen und Angebote in Findorff (vgl. Findorff gleich Nebenan).
Dieser Eindruck von Findorff als einer blühenden sozialen und identitätsstiftenden Einheit wird durch einen Blick in eine repräsentative Meinungsumfrage aus dem Jahr 2008 gestärkt. Mithilfe einer zufälligen Stichprobe wurde erfragt, wie gerne die Befragten in ihrem jeweiligen Stadtteil wohnen. Die Ergebnisse für Findorff sind beeindruckend. Die Werte für die Zustimmung ‚sehr gerne‘ oder ‚gerne‘ in ihrem jeweiligen Stadtteil zu wohnen, reichte von 59% in Gröpelingen bis 98% in Schwachhausen. Für Findorff gaben 97% der Befragten an, in diesem Stadtteil ‚sehr gerne‘ oder ‚gerne‘ zu wohnen (Polizei Bremen 2008, S.30).
Der Stadtteil Findorff kann nochmal in vier einzelne sozial-räumliche Einheiten, die auch administrativ als Ortsteile gelten, unterteilt werden. Diese Bereiche umfassen die Regensburger Straße, Findorff-Bürgerweide, Weidedamm und In den Hufen (s. Abb. 1). In diesen kleinen, überschaubaren Einheiten des größeren Stadtgefüges überschneiden sich identitätsstiftende Alltagsräume und zahlreiche soziale Beziehungen. Die Empfindungen der Bewohner*innen ergeben in ihrer Gesamtheit ein Quartier. Sie fühlen sich untereinander und mit ihrem städtischen Raum verbunden. Diese sozialen Strukturen eines Quartiers stellen eine geeignete Ausgangslage dar, um vernetztes soziales Engagement zu begünstigen und gemeinsam Veränderung im direkten Umfeld zu bewirken. Für die zivile Partizipation, welche sich wiederum positiv auf das Quartier auswirkt, ist ein allen Bewohner*innen zugänglicher Raum erforderlich. Einen solchen Raum bietet der Verein Klimazone Bremen-Findorff e.V. Über verschiedene Themen wird den Bürger*innen Zugang geboten, um Klimaschutz in ihren Alltag zu integrieren und das CO2-Minimierungsziel konkret zu verfolgen.Ingke Färber, Studierende an der Hochschule Bremen
Beitrag aus dem Seminar „Quartiersforschung“, Lehrgebiet „Theorie der Stadt“, School of Architecture Bremen
WiSe 2023/2024
Klimazone Bremen-Findorff e.V.
Der Verein Klimazone Bremen-Findorff e.V. versteht sich als Stadtteilverein, also für alle Findorffer*innen. Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Klimazone e.V. als Stadtteilverein durch die Findorffer*innen erwachsen ist. Dementsprechend befindet sich der Standort der Klimazone e.V. zentral zwischen den räumlichen Einheiten Regensburger Straße, Weidedamm und Findorff-Bürgerweide (s. Abb. 1). Das Angebot der Klimazone e.V. kann aber auch bremenweit wahrgenommen werden. Die Klimazone Bremen-Findorff ist 2017 im Rahmen des Projekts „Kurze Wege für den Klimaschutz“ von der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) entstanden. Dabei wird ein Bottom- Up-Approach verfolgt, demzufolge klimaschutzrelevante Veränderung aus den Stadtteilen heraus entstehen soll. Aufgrund der Etablierung des Nachbarschaftsprojekts hat mit Ende des Förderzeitraums im Jahr 2019 die Vereinsgründung stattgefunden. Zwei Jahre später wurde die Bewilligung einer Stelle beantragt, die vom Projekt „Klimaschutz im Alltag“ von der Bremer Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft gefördert wird. Dabei werden „[…] gemeinnützige[…] Projekte zum alltagsbezogenen Klimaschutz in Bremer Nachbarschaften, Stadtteilen und Quartieren“ (SUKW, o.D.) finanziell unterstützt. Die Klimaschutzmanagerin Gesche Reich ist projektgebunden angestellt und kommt einem weit gefächerten Aufgabengebiet nach. In einem Gespräch berichtet sie von der Arbeit des Vereins.
Engagement in der Klimazone Bremen-Findorff e.V.
Die Klimazone Bremen-Findorff e.V. basiert auf dem Engagement interessierter Bürger*innen, die sich je nach Interessenschwerpunkt „[f]ür den Klimaschutz im Quartier Findorff […]“ (Klimazone Bremen-Findorff) in den verschiedenen Themenbereichen ‚Konsum & Ernährung‘, ‚Mobilität & Verkehr‘, ‚Wohnen & Energie‘ und ‚Quartiersgestaltung‘ einbringen. Neben dem themenorientierten Engagement ist projektbezogenes Engagement möglich. Unverbindliche und niedrigschwellige Angebote erleichtern den Zugang. Teilweise profitiert der Verein auch von einem Magneteffekt: Interessierte lernen über ein bestimmtes Projekt die Arbeit des Vereins kennen und erschließen darüber die anderen Projekte und Themen. So können Bürger*innen auf vielfältige Weise angesprochen und zusammengeführt werden. Neben zahlreichen Informationsmaterialien gibt es die verschiedensten Projekte, um sich dem Klimaschutz im Alltag zu widmen. Diese Projekte finden teilweise in Kooperation mit anderen Netzwerken und Vereinen statt.
Die Förderung des Vereins und der einzelnen Projekte besteht aus einem vielfältigen Netzwerk – von kleineren Spenden durch Privatpersonen bis zur finanziellen Unterstützung durch Institutionen und Unternehmen. Im Projekt ‚Findorff geht voran‘ soll gemeinsam mit dem Handel und den Verbraucher*innen der Einsatz von Mehrweg vorangetragen werden, um Verpackungsmüll zu vermeiden. In einem anderen Projekt sollte der eigene Konsum bewusst reflektiert und klimafreundlicher gestaltet werden, indem sieben Wochen lang „Klimafasten“ betrieben wurde und sich die Teilnehmenden über ihre Erfahrungen austauschen konnten. Mit Maßnahmenvorschlägen für einen ‚Klimaboulevard 2.0‘ der Münchener Straße oder Anwohnerparken im Sinne der Verkehrswende, soll dazu angeregt werden, wie der städtische Raum klimafreundlich und sozialverträglich umgestaltet werden kann. Ein Lastenrad-Verleih ergänzt das klimafreundliche Mobilitätskonzept. Mit dem Projekt ‚Solar City‘ wird die Energiewende in Bremen unterstützt, indem der Ausbau zur Erzeugung von Solarstrom erweitert wird. Mit Hochbeeten an über dreißig Standorten in Findorff wurde ein Lebensraum für Insekten geschaffen. Zugleich gibt es den Nebeneffekt, dass an diesen zahlreichen Standorten auf die Arbeit der Klimazone e.V. hingewiesen wird. Weitere Angebote umfassen ein regelmäßiges ‚Nähcafé‘, den ‚TauschRausch‘ für Pflanzenableger, Bücher, Weihnachtsgeschenke usw. und das Netzwerktreffen ‚Klima- Klönschnack‘. In Zusammenarbeit mit CleanUpYourCity e.V. gab es bereits eine Müllsammelaktion und ein Pflanzfest, bei dem Blumenzwiebeln in anliegenden Grünflächen gepflanzt wurden. Im Klimagarten kann gemeinsam gegärtnert und Veranstaltungen, wie das Lichter- oder Sommerfest, gefeiert werden. In einer leerstehenden Ladenfläche neben dem Standort der Klimazone e.V. befindet sich derzeit ein ‚Kleidertausch PopUp‘, in dessen Rahmen bereits ein Filmabend zu den Hintergründen der Textilindustrie stattgefunden hat. Einige Projekte und Aktionen sind durch die Aufgeschlossenheit gegenüber Vorschlägen sehr spontan entstanden. Durch die Präsenz im Lokalen können dadurch auch die sogenannten ‚low hanging fruits‘, also spontane Projekte, verfolgt werden. Diese lokale Präsenz spiegelt sich auch in den Fensterscheiben des Vereins wider, die auf aktuelle Projekte und Themen aufmerksam machen.
Aufgrund der zahlreichen Möglichkeiten, welche die Klimazone e.V. zum Engagieren und Vernetzen im Quartier Findorff anbietet, hat sich die anfangs noch recht homogene Zusammensetzung der Engagierten heterogener entwickelt. Das in Findorff vorhandene Potential erleichtert dabei die Vernetzung engagierter Bürger*innen in einem gemeinsamen Aktionsrahmen. Die Findorffer*innen haben großes Interesse an der Mitgestaltung ihres direkten Wohn- und Lebensumfeldes, da sie ihre Bemühungen unmittelbar sehen können. Ihr Einsatz wird nahbar und greifbar. Die soziale Verbundenheit und Nähe zum Wohnort wird auch durch den primären Kommunikationskanal deutlich. Über Poster, Zeitungsanzeigen und Mund-zu-Mund-Propaganda wird über Themen und Projekte informiert sowie Netzwerkarbeit in Findorff gestaltet. Dank der vorhandenen sozialen Vernetzung und unkomplizierten Kontaktbildung im Quartier kann die Arbeit auf unbürokratischem Weg ablaufen. Die Klimazone e.V. bietet der städtischen Zivilbevölkerung einen allen zugänglichen Raum, um soziales Engagement zu stärken und in einer Gemeinschaft aktiv zu werden. Auch wenn sich der Verein primär an Findorffer*innen richtet, ist die Schaffung eines quartierübergreifenden Angebots und die Arbeit in Netzwerken über das Quartier hinaus vorteilhaft. So erklärt Gesche Reich (2024) im Gespräch, es gehe darum, „[i]m Quartier zu arbeiten, aber über das Quartier hinauszudenken.“
Fazit
Die Klimazone Bremen-Findorff e.V. ist ein vorbildliches Projekt, um den Zugang zu zivilem Engagement für den Klimaschutz bewusst zu stärken. Das Engagement in einer kleinen räumlichen Größe, wie einem Quartier, bringt dabei verschiedene Vorteile gegenüber einem gesamtstädtischen Gefüge. Diese Vorteile bilden sich in Findorff ab und werden auch von der Nationalen Klimaschutzinitiative erkannt. Einem Bottom-up- Approach entsprechend, entsteht Veränderung aus einer kleinen überschaubaren sozial-räumlichen Einheit heraus. So können lokal Lösungsansätze für (globale) Probleme erarbeitet werden. Die vorhandenen sozialen Strukturen eines Quartiers begünstigen das Engagement der Zivilgesellschaft. Die Bewohner*innen leben in einer gemeinsamen alltäglichen Lebenswelt. Das Quartier ist gekennzeichnet von zahlreichen sozialen Beziehungen und Netzwerken. Zudem fühlen die Findorffer*innen eine ausgeprägte Verbundenheit untereinander und zu ihrem Wohnort. Auf unbürokratischem Weg können alle Interessierten aktiv werden, ihre Umgebung mitgestalten und ihren Einsatz direkt sehen. Um das vorhandene Potential zu nutzen, hilft die Bündelung durch einen Verein. Die Klimazone Bremen-Findorff e.V. stellt einen solchen Verein dar und bietet in diesem Kontext einen Raum für Selbstorganisation, einen erleichterten niedrigschwelligen Zugang, konkrete Projekte und Vernetzungsmöglichkeiten.
Der gemeinnützige Verein greift in seiner Arbeit den Quartiersbegriff auf und spricht zum Beispiel vom ‚Quartier Findorff’, geht dabei aber nicht weiter auf die Bedeutung und Potentiale des Quartiersbegriffes ein. Deutlich erkennbar wird aber trotzdem, wie sich Quartier und Verein gegenseitig bestärken und soziales Engagement begünstigen. Durch die Vernetzung der Aktiven in einem gemeinsamen Kontext, in diesem Fall dem Verein, wird das Engagement gestärkt. So kann der alltägliche Klimaschutz in Findorff aktiv durch die Klimazone e.V. gefördert werden. Gleichzeitig wirkt sich eine selbstermächtigte, in ihrem Engagement verbundene, heterogene Zivilgesellschaft positiv auf das Quartier aus.
Literaturverzeichnis
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Gespräch mit Gesche Reich – Klimaschutzmanagerin, tätig für die Klimazone Bremen-Findorff e.V., am 01.02.24 in der Klimazone Bremen-Findorff e.V.
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