Ferienwohnungen – Herausforderungen und Chancen für die Wohnraumversorgung

Christina Ebel, Landesgruppe Nord

In 2022 umfasst der Markt für Ferienimmobilien in Deutschland rund 555.000 Einheiten mit 2.620.000 Betten. Darunter fallen Ferienhäuser und -wohnungen, Tiny Houses und Sharing Angebote. Kleine Privatvermieter kommen in 2022 auf etwa 2.130.000 Betten. Das entspricht 82 % der gesamten Bettenkapazität; in 2014 waren es noch 68 %.

  • Fremdverwaltung bei kleinen Privatvermietern nur 16 %, gewinnt aber an Bedeutung

Gerade in vielen touristisch geprägten Kommunen wurde die Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung nicht rechtlich eingeschränkt oder trotz Restriktionen geduldet. Eine Vielfalt von Faktoren hat in den 2010er Jahren zu einem kräftigen Wachstum der Ferienwohnungsangebote geführt. Da-runter fallen:

  • Digitalisierung: Vereinfachung der Vermietung durch Nutzung von Onlineportalen (82 % aller Objekte sind direkt online buchbar)
  • Demografischer Wandel: Vermietung des leer fallenden Elternhauses als Ferienimmobilie durch die fortgezogenen Kinder
  • Niedriges Zinsniveau: Große Beliebtheit von Ferienimmobilien als Renditeobjekt bei Privatpersonen
  • Mietrecht: Vermietung von Ferienimmobilien weniger stark reglementiert als Dauervermietung
  • Kostenvorteil: Ferienimmobilien im Betrieb kostengünstiger und weniger personalintensiv als Hotels oder Pensionen
Von 2014 bis 2022 betrug die jährliche Wachstumsrate 15 % bei der Zahl der Bettenkapazität von kleinen privaten Vermietern unter zehn Betten und etwa 6 % bei gewerblichen Vermietern mit mehr als zehn Betten. Mit dem kräftigen Wachstum haben sich in den Kommunen vermehrt Herausforderungen aufgetan:
 
  • Entzug von Dauerwohnraum: Ferienwohnungen verknappen Angebot an 
  • Steigende Wohnkosten: Kaufpreise für Eigenheime im Vergleich zu umliegenden Kommunen deutlich erhöht (siehe Abbildung 1)
  • Angespannter Wohnungsmarkt: Fehlender Wohnraum für Arbeitskräfte als Risiko in allen Wirtschaftszweigen
  • Angebotsengpässe in der Daseinsvorsorge: Touristen und Zweitwohnungsnutzer in Bedarfsplanung vieler Einrichtungen nicht berücksichtigt
  • Verkümmerung sozialer Netze und Aktivitäten: Zu wenige Dauerbewohner für Fortbestand sozialer und ehrenamtlicher Tätigkeiten
  • Verödung von Quartieren: Hohe Leerstände außerhalb der Urlaubssaison
  • Verkehrsbelastung und Parkplatzsituation: einpendelnde Arbeitskräfte und Urlaubsgäste
  • Nachbarschaftliche Konflikte: Verhalten von Urlaubsgäste teilweise nicht kompatibel mit ruhigen Wohnnachbarschaften
1 ) Deutscher Ferienhausverband (2024): Der Ferienhausmarkt in Deutschland – Volumen und wirtschaftliche Bedeutung. Abgerufen unter: https://www.deutscher-ferienhausverband.de/wp-content/uploads/2024/03/2024-02_Studie_Der-Ferienhausmarkt-in-Deutschland.pdf.  Christina Ebel Fabian Maaß GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung
1 ) Deutscher Ferienhausverband (2024): Der Ferienhausmarkt in Deutschland – Volumen und wirtschaftliche Bedeutung. Abgerufen unter: https://www.deutscher-ferienhausverband.de/wp-content/uploads/2024/03/2024-02_Studie_Der-Ferienhausmarkt-in-Deutschland.pdf.  Christina Ebel Fabian Maaß GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung

Die Kommunen stehen vor einem Dilemma. Einerseits müssen sie ausreichenden Dauerwohnraum für die einheimische Bevölkerung und die dringend benötigten Arbeitskräfte erhalten und andererseits soll der Tourismus als wichtiger Wirtschaftszweig nicht beeinträchtigt werden. Zu diesem schwierigen Abwägungsprozess kommt der bislang kaum auf Ferienwohnungen ausgerichtete Pool an Planungs- und Steuerungsinstrumenten. Hier stehen vor allem folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

  • Umsetzung des bestehenden Rechtsrahmens der Bauleitplanung: Vorgehen gegen gegenwärtig nicht genehmigungsfähige Ferienwohnungen
  • Nutzung zusätzlicher bauplanungsrechtlicher Möglichkeiten: Erstellung/Anpassung von Bebauungsplänen
  • Nutzung weiterer rechtlicher Möglichkeiten: Zweckentfremdungsverbote (soweit im jeweiligen Bundesland verfügbar), soziale Erhaltungsverordnungen (soweit Ferienwohnungen im Rahmen von Gentrifizierungsprozessen auftreten), Zweitwohnsitzsteuern etc.
Die bloße Nutzung der vorgestellten Optionen ist zur Schaffung eines verträglichen Verhältnisses von Dauer- und Ferienwohnungen nicht ausreichend. Die Einführung dieser Maßnahmen sollte durch einen umfangreichen Kommunikations- und Beteiligungsprozess begleitet werden. Das gilt zum einen nach außen, um die Interessen von nachbarschaftlich betroffenen Bürgern oder Interessengemeinschaften sowie von Ferienwohnungsvermietern und touristischen Akteuren zu berücksichtigen. Das gilt aber auch innerhalb der Verwaltung und Politik, da die wirksame Nutzung der Instrumente auf einer engen Abstimmung u. a. von Stadtplanungs-, Bauordnungs- und Steuerabteilung beruht. Der Abstimmungsprozess ist zudem wichtig, um für die jeweilige Kommune die geeigneten Maßnahmen zu identifizieren und Akzeptanz für ihre Nutzung zu schaffen. Um diesen Kommunikations- und Beteiligungsprozess auf eine objektive Grundlage zu stellen, bedarf es zunächst einer gezielten Erhebung und Fortschreibung von relevanten Daten, da Zahlen und Merkmale zu Ferienwohnungen auf kommunaler Ebene nicht regelmäßig von den Kommunen selbst oder durch die statistischen Landesämter aufbereitet werden.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung:
Fabian Maaß
Mail: fabian.maass@gewos.de
T +49 40 69712-232 

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