„Rendite für das Gemeinwohl“ – Die KoFabrik im Quartier Imbuschplatz in Bochum

Hartmut Hoferichter, LG Nordrhein-Westfalen

Im Themenfeld „Koproduktion/Experiment im Quartier“ wird u.a. das Projekt KoFabrik in Bochum der Montag Stiftung ausführlich vorgestellt, weil es aus unserer Sicht ein besonderer Ort und ein gelungenes und noch wenig praktiziertes Beispiel für eine dem Gemeinwohl im Quartier dienende Projekt- und Immobilienentwicklung ist. 

Träger dieses Projektes ist die gemeinnützige Projektgesellschaft Urbane Nachbarschaft Imbuschplatz gGmbH. Um die Entwicklung dieses Quartiers nördlich der Innenstadt von Bochum anzustoßen, haben die Stadt Bochum und die Montag Stiftungen diese gemeinsame Projektgesellschaft gegründet. Die Gesellschaft hat im Herbst 2018 die Immobilie an der Stühmeyerstrasse – Verwaltungs- und Nebengebäude einer ehem. Eisenhütte- im Rahmen einer Erbpacht übernommen, mit dem Umbau begonnen und die ersten Aktivitäten gestartet, um mit den Akteur*innen vor Ort die Quartiersentwicklung zu beginnen. Gesteuert wurde und wird Planung, Entwicklung und Management der Immobilie sowie die Vernetzung der vorhandenen und künftigen Initativen im Quartier zur Zeit noch durch ein kleines professionelles Team.

 

Mittelfristiges Ziel ist es, die Aktivitäten des Projektbüros auf ein Minimum zu reduzieren und die Aufgaben den Aktiven vor Ort schrittweise zu übertragen. Von den Gesamtinvestitionen werden 30 % über eine Einlage von Eigenkapital der Montag Förderstiftung in die Projektgesellschaft, das nicht zurückgezahlt werden muss, finanziert.

Die übrigen Mittel müssen über entsprechende Kredite finanziert werden. Städtebaufördermittel kommen hier nicht zum Einsatz. Ein wesentlicher Beitrag der Stadt Bochum liegt in der Bereitstellung des Grundstücks im Rahmen eines Erbbaurechtes für eine gemeinnützige Projektgesellschaft verbunden mit dem Erlass des Erbbauzinses solange die Gesellschaft gemeinnützig im Quartier tätig ist.

Für die gemeinwohlorientierte Quartiersentwicklung nötigen Mittel u.a. für vorauslaufende Projektentwicklung seit 2018, Sach- und Personalkosten der Projektgesellschaft sowie für gemeinnützige Projekte, Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit im Quartier bringt die Montag Stiftung Urbane Räume gAG in Höhe von bis zu 850.000 € für eine Projektlaufzeit von max. 5 Jahren ein. Beispielhaft ist das Konzept für die langfristige Finanzierung des Projektes, weil die Arbeit der Initiativen im Quartier u.a. durch Überschüsse aus der Bewirtschaftung der Immobilie und Arbeitsleistungen der Mieter*innen dauerhaft unterstützt wird.

Die wichtigsten Punkte zum Konzept des Projektes, dem Umbau des Gebäudes und den vielfältigen Aktivitäten der Initiativen und Akteure im Quartier am Imbuschplatz sind in den folgenden Auszügen aus einem Beitrag von Henry Beierlorzer* in „Die Architekt“ vom 15.02.2023. näher erläutert

 

Die KoFabrik

Bauherrin: Urbane Nachbarschaft Imbuschplatz gGmbH; Architektur: Böll Architekten, Essen; Kooperationspartner: Carl Richard Montag Förderstiftung / Montag Stiftung Urbane Räume / Stadt Bochum / Quartiershalle in der KoFabrik e.V.
Bauherrin: Urbane Nachbarschaft Imbuschplatz gGmbH; Architektur: Böll Architekten, Essen; Kooperationspartner: Carl Richard Montag Förderstiftung / Montag Stiftung Urbane Räume / Stadt Bochum / Quartiershalle in der KoFabrik e.V.

„Die zum Teil denkmalgeschützten Verwaltungsgebäude der ehemaligen Eisenhütte in Bochum wurden nach jahrelangem Leerstand durch Entrümpel, behutsamen Um-, Rück- und Ausbau mit energetischer Ertüchtigung zur KoFabrik entwickelt – ein Haus für kooperatives Arbeiten und nachbarschaftliche Begegnung. Zwischen 2018 und 2021 entstand so ein dem Gemeinwohl im innerstädtischen Imbuschviertel dienender Ort mit rund 2000 Quadratmeter Nutzflächen. Darin befinden sich Büro-, Werkstatt, Probe- und Atelierräume, Physio-Studio, Café, Buchladen und das Herzstück: die Quartiershalle. Hier begegnen sich die Nachbarschaft, Projektemacherinnen und kooperativ tätige Unternehmen, Freiberufler und Kreative, in sozialen und kulturellen Projekten Engagierte und Gewerbetreibende des Viertels. Koordiniert über einen gemeinnützigen Verein entwickeln sie gemeinsam soziale, kulturelle und nachbarschaftliche Projekte, gestalten den öffentlichen Freiraum um das Haus und das gute Miteinander der Menschen im Viertel. Die Immobilie, in die rund 3,8 Millionen Euro brutto investiert wurden, bietet dazu gute Räume. Überschüsse aus der Bewirtschaftung unterstützen das gemeinnützige Engagement des Vereins, Mieterinnen des Hauses tun dies über ihre „Viertelstunden“ ebenso. Dafür wurde das Projekt 2022 mit dem Polis-Award für Soziale Quartiersentwicklung ausgezeichnet.

Nutzungsoffene Quartiershalle der KoFabrik, Bochum, Foto: Jann Höfer
Nutzungsoffene Quartiershalle der KoFabrik, Bochum, Foto: Jann Höfer

Herzstück der KoFabrik ist die Quartiershalle – ein sieben Meter hoher Raum mit Galerieebene und insgesamt 400 Qua¬dratmetern Nutzfläche. Das ungeteilte Erdgeschoss mit öffentlicher Zugänglichkeit wandelt mehrmals täglich die Nutzung und den Charakter. Die Halle ist alltäglich nutzbarer öffentlicher Raum zum Spielen, Hausaufgabenmachen, sich Treffen oder Arbeiten. Hier finden Theaterproben, Workshops, Seminare und kleinere Veranstaltungen, aber auch Aktionen wie etwa das regelmäßige Haareschneiden für Wohnungslose durch die „Barber Angels“ statt. Auf der Galerie befinden sich ein ruhigerer Seminar- sowie ein Coachingraum zur Anmietung, aber auch ein fest vermietetes Physiotherapiestudio. Hinzu kommt der davor liegende „Quartiersgarten“: eine ehemalige städtische Restgrünfläche und Hundewiese an der Bundesstraße. Heute ist der „Quartiersgarten“ das grüne Wohnzimmer des Viertels, mit selbstgebautem Mobiliar, kleinen temporären Gartenparzellen, Bühne und Podesten.

Der Verein „Quartiershalle in der KoFabrik“ stellt den Raum, der im Alltag allen zugänglich ist, mit vorhandener Infrastruktur nachbarschaftlichen Projekten und gemeinnützigen Nutzern zur Verfügung. Organisieren müssen diese ihre Veranstaltungen eigenverantwortlich. Auch gewerbliche oder institutionelle Nutzende organisieren hier ihre Projekte selbst, zahlen aber Miete und finanzieren so die laufenden Kosten.“

*Henry Beierlorzer „Freiheit in der Gemeinschaft – zwei gemeinwohlorientierte Quartiersprojekte im Porträt“ in „Die Architekt“ Ausgabe vom 15.02.2023

Henry Beierlorzer ist seit 2018 in der Projektentwicklung der KoFabrik und in der Geschäftsführung für die Urbane Nachbarschaft Imbuschplatz tätig.

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