Transformation von Freiräumen im Bestand – vom Stadtpark bis zum regionalen Landschaftsraum

Beitrag zur Jahrestagung 2023
Arbeitsgruppe: Martin Berchtold, Birte Biemann, Xenia Diehl, Markus Eichberger, Sonja Moers, Constanze Petrow, Kjell Schmidt, Ursula Stein

Städtische Freiräume und urbane Landschaften werden funktional komplexer, ihre sozialen, ökologischen und ökonomischen Leistungen vielschichtiger und konfliktreicher, ihr Zusammenspiel in größeren Wirkungszusammenhängen dringlicher. Freiraum kann nicht mehr singulär gedacht werden – etwa als Park inmitten einer hochversiegelten Umgebung. Erst ein System von begrünten Räumen, das die Stadt durchzieht und sie mit der Region verbindet, sichert Lebensqualität und reduziert zugleich Vulnerabilität. Der Landesgruppe Mitteldeutschland folgend und die Welt als Garten betrachtend, ist der Freiraum der Zukunft vernetzt, produktiv und an künftige Anforderungen anpassungsfähig. Er wird nicht mehr vorranging top down hergestellt, sondern gemeinsam mit der Bevölkerung.

In diesem Sinne stellt der Beitrag der Landesgruppe Hessen / Rheinland-Pfalz beispielhafte Freiräume in einem größeren räumlichen Zusammenhang in den Mittelpunkt. Hier geht es zum Gesamtbeitrag „Transformation von Freiräumen im Bestand“

Wir reflektieren sie vor dem Hintergrund der großen Transformationsthemen:

1.     dem Klimawandel
mit Hitzesommern, Trockenheit und Starkregenereignissen und der daraus erwachsenden Rolle des Freiraums als grün-blauer Infrastruktur,

2.     der Biodiversitätskrise
und damit verbundenen Notwendigkeit, Freiraum als Stadtnatur und Lebensraum für
Tiere und Pflanzen zu qualifizieren,

3.     der Mobilitätswende
und sich verändernden Rolle des Freiraums als gesundem, aktivem Bewegungsraum, welcher
Flächengerechtigkeit zwischen unterschiedlichen Fortbewegungsarten
gewährleistet und Menschen jeden Alters Mobilität und Sicherheit im Alltag bietet,

4.     der Post-Corona-Stadt
und dem Anspruch, die alleinige Ausrichtung der Innenstädte auf Handel und
Konsum zu beenden und ihren Freiraum als attraktiven, multifunktionalen Raum
mit hoher Aufenthaltsqualität für unterschiedliche Nutzergruppen zu ertüchtigen,

5.     dem sozialen
Wandel und der Rolle des öffentlichen Freiraums als Ort der Vielfalt, Integration
und Begegnung.

Fünf Prinzipien einer zukunftsfähigen Freiraumentwicklung leiten unsere Betrachtungen: Vielfalt, Komplexität, Anpassungsfähigkeit, Produktivität und Gerechtigkeit. Sie werden anhand aktueller Stadt-Land-Projekte diskutiert.

Viele unserer Fallbeispiele stammen aus der Region FrankfurtRheinMain, weil die Komplexität und der Druck auf Freiräume in dieser hochvernetzten Region in besonderem Maße die
Herausforderungen der Zukunft verdeutlichen. Der neue Stadtteil Frankfurt Nord-West baut die Stadt mit hoher Dichte, vielfältiger Freiraumstruktur und regionalisierter Produktion landwirtschaftlicher Güter weiter in Richtung der Umlandgemeinden. Der Mainkai in Frankfurt soll als Verbindungsstück zwischen Innenstadt und Mainuferpark entwickelt werden, wenn die Verkehrswende die Zeit reif werden lässt für dessen dauerhafte Schließung für den Autoverkehr. Das Mainufer verbindet unterschiedlichste Freizeitangebote und produktive Landschaften und fungiert als wichtige Querspange im Gefüge des Regionalparks RheinMain. Resultat der
Verkehrswende ist auch der Umbau des Elsässer Platzes in Wiesbaden, bislang ein riesiger Parkplatz, zu einem Quartierspark. Er verbindet künftig das dicht besiedelte Westend mit dem renaturierten Wellritztal und dessen Mosaik aus vielfältigen, oft informellen Freiraumnutzungen. Der Alte Flugplatz in Frankfurt-Bonames, Teil des Frankfurter Grüngürtels und des Regionalparks RheinMain, wird 20 Jahre nach seiner ersten Transformation zum zweiten Mal den
neuen Herausforderungen angepasst.