Nach Lützerath im Rheinischen Revier

Während das erhaltene Fördergerüst auf den Annapark, das Herzstück eines städtebaulich gelungenen Strukturwandels auf dem 40 ha großen ehemaligen Zeche Anna, Zentrum des alten Aachener Steinkohlenreviers, schaut, blickt der 2008 im Rahmen der EUREGIONALE 2008 gebaute stählerne Indemann noch tief in die fossile Vergangenheit des Braunkohlentagebaus und bald auf die in den nächsten Jahrzehnten entstehende Seenlandschaft um die drei Tagebaue des Rheinischen Reviers: Inden, Garzweiler und Hambach. 

Nach dem Fall von Lützerath gilt es jetzt, den Blick nach vorne zu richten und zu beweisen, dass der Kompromiss mit RWE zur Beendigung des Tagebaus schon 2030 i.V. m. der Rettung von fünf Dörfern verantwortbar war, auch weil nunmehr alle Anstrengungen unternommen werden, aus der wortreich proklamierten Modellregion der Nachhaltigkeit Wirklichkeit werden zu lassen.

Welch eine herausfordernde wie einmalige Aufgabe in dem Transformationsraum zwischen Mönchengladbach, Düsseldorf, Köln und Aachen!

Welch eine Chance dieser Generation, sich an Stelle einer von der Agrarindustrie ausgeräumten Landschaft und wenig attraktiven Dörfern eine neue Heimat um und zwischen den drei über die nächsten Jahrzehnte entstehenden Seen entwerfen und realisieren zu können. Dafür bedarf es einer Vision und Bilder für neue klimagerechte Siedlungsmodelle wie für abwechslungsreich gegliederte Kulturlandschaften. Die Bäume, die das Bild der Landschaft in der dritten Dimension prägen sollten, müssen bald gepflanzt werden. Der gestalterische Anspruch heißt: Ästhetik nutzen, um ökologisch zu wirken. Hier kann bewiesen werden, dass Kultur und Natur – Schönheit und Artenreichtum – eine neue Symbiose eingehen und Ökologie und Ökonomie am gleichen Strang ziehen können. Erfinden wir die Bilder, um insbesondere die jungen Menschen dafür zu begeistern, an der Gestaltung ihrer neuen Heimat mitzuwirken. Denn sie erleben das, was wir heute planen.

Entwicklungsszenario Garzweiler 2075 (Quelle: Zweckverband Landfolge Garzweiler)

Die Chance zur Wiederbelebung der nicht gänzlich entwohnten fünf Dörfer am Rande des Tagebaus Garzweiler, die nicht mehr abgebrochen werden müssen, liegt nun in einer spannenden Verzahnung von Alt und Neu, einer landschaftlichen Einbettung und touristischen Profilierung am Rande der allmählich entstehenden Tagebauseen mit einem hohen gestalterischen wie ökologischen Anspruch. Nur dadurch erreicht man eine neue Identität und Attraktivität auch für Menschen aus den umliegenden Ballungsräumen. Erste Visionen sind in Altmorschenich am Tagebau Hambach schon angedacht.

Vision für Altmorschenich (Quelle: Neuland Hambach GmbH)

Nur dann werden sich hier innovative Unternehmer, kreative Köpfe mit ihren Familien engagieren und auf Dauer niederlassen. Denn die Schönheit und Unverwechselbarkeit einer Region sind schon seit langem die entscheidenden Standortfaktoren im Wettbewerb der Regionen.

Die Zeit drängt. Die Umsetzung der Vision zur Modellregion RR in Zeiten des Klimawandels braucht: das Erklären in verständlichen Bildern, um die Menschen mitzunehmen; modellhafte interdisziplinäre Planungsprozesse und Steuerung sowohl vor Ort wie in der Region. Qualifizierende Entscheidungsabläufe und unbürokratischere Förderwege, die Flexibilität und Freiraum für kreative Köpfe und Experimente zulassen; eine organisatorische wie fachlich-inhaltliche Führung. An Alledem, so die Einschätzung vieler engagierter Akteure, kann und muss noch auf allen Ebenen gefeilt werden. Warum ruft das Land nicht die REGIONALE Rheinisches Revier 2033 aus? Ein beispielhaftes, interdisziplinäres Instrument zeitgemäßer Förder- und Strukturpolitik, dass die Landesregierung aus den positiven Erfahrungen mit der Internationalen Bauausstellung Emscher Park ableitete und seit 2000 alle zwei bis drei Jahre erfolgreich durchgeführt hat. Weiterlesen……

[Beitrag von Hans Dieter Collinet, LG NRW]

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